Jasenovac

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Version vom 8. November 2014, 13:29 Uhr von Manuel (Diskussion | Beiträge) (Erinnerungskultur im sozialistischen Jugoslawiens)
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Blick auf das Gelände Jasenovaces
Blick auf das Gebiet des ehemaligen Konzentrationslager Jasenovac von unter der steinernen Blume aus. Sichtbare Hügel, für jede frühere Gefangenenbarracke.
Jasenovac Gelände
Memorial Museum auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Jasenovac

In der Nähe des Ortes Jasenovac in Zentralkroatien befand sich zwischen 1941 und 1945 das grösste Arbeits- und Vernichtungslager auf dem Gebiet des «Unabhängigen Staats Kroatien» («Nezavisna Država Hrvatska», NDH). Im Lagerkomplex wurden Regimegegner verschiedener Nationalität, sowie Serben, Juden, Roma interniert und planmässig ermordet.

Jasenovac 1941-45

Das Konzentrationslager Jasenovac wurde am 21. August 1941 gegründet und streckte sich über 210 Quadratkilometer entlang des Flusses Sava. Die Zeitungen der Ustaša verkündeten am 23. August 1941 die Öffnung der zwei ersten Gefangenenbarracken bei den Dörfer Bročice und Krapje. Öffentlich wurde das Lager lediglich als ein Arbeitslager bezeichnet, in welchem die Gefangenen die Sumpfgebiete Lonjsko Polje trockenlegen mussten. Geheim gehalten wurde der Zweck Jasenovaces als Vernichtungslager. Im November 1941 wurde das Camp III, Ciglana (Ziegelei), eröffnet, welches später zum zentralen Hauptlager wurde. Es lag unterhalb des Dorfes Jasenovac in dem Bereich des Industriekomplex, es wo früher die Ziegeleiproduktion war. Drei Seiten des Camps waren umgeben von einer fünf Meter hohen Wand, in welche mehrere Wachtürme eingebaut wurden. Vor der Wand waren drei Linien Stacheldraht befestigt, die an manchen Stellen elektrifiziert wurden. Die Vierte Seite ging auf den Fluss Sava hinaus. Camp IV, Gerberei, war in dem Dorf Jasenovac platziert und die Häftlinge mussten in der Gerberei arbeiten. Die zwei Hauptgründe für den ausgewählten Ort für das Konzentrationslager, waren die umliegenden Flüsse, die eine Flucht erschwerten sowie die anliegende Bahnlinie von Belgrad nach Zagreb, welche für den Transport von Gefangenen und Gütern verwendet wurde.In dem Dorf Ustica, bei dem Delta der Una und der Sava, befand sich das Zigeunerlager, in dem vor allem Roma umgebracht wurden. Die Dörfer Mlaka und Jablanac wurden in Sammellager für Frauen und Kinder umgewandelt. Vor allem das Lager Stara Gradiška wurde bekannt als ein Lager des Mordes und der Folter, in dem vor allem an Frauen und Kindern Verbrechen begangen wurden. In dem Konzentrationslager Jasenovac gab es keine Gaskammern, das heisst die Gefangenen wurden erhängt, erschlagen, erstochen, erschossen, verbrannt oder ertränkt. [1]

Erinnerungskultur im sozialistischen Jugoslawiens

Vor der Befreiung des Lagers durch jugoslawische Partisaneneinheiten im Mai 1945 zerstörten die Ustaša systematisch alle Unterlagen. Da auch die meisten Urkunden verbrannt wurden war es schon zur Zeit Jugoslawiens schwierig gewesen, die Opferzahl abzuschätzen. Unter dem Regime Titos gab das Nationalkomitee zur Untersuchung der Verbrechen der Besatzungstruppen und ihrer Kollaborateuren in ihrem Bericht vom 15. November 1945 700'000 Opfer in Jasenovac an. Die Täter und Opfer wurden damals offiziell noch nicht den einzelnen Nationalitäten zugeordnet. Stattdessen wurden in offiziellen Verlautbarungen die Täter als Faschisten, die Opfer als Kommunisten und Antifaschisten bezeichnet. Denn unter dem Staatsmotto «Brüderlichkeit und Einheit» versuchte die jugoslawische Regierung möglichst nationale Konflikt zu unterbinden, um so das Vielvölkerkonstrukt Jugoslawien zusammen zu halten. 1965 errichtete der Künstler Bogdan Bogdanović auf Wunsch der Opferangehörigen das Denkmal Die Steinerne Blume (Kameni cvijet, 1966), ein Museum und ein Erinnerungspark. Die erste Ausstellung eröffnete das Museum 1968. Zu jugoslawischen Zeiten, war das Museum sehr darauf bedacht die Gräueltaten der Ustaschas dazustellen und die Besucher möglichst zu schocken. Für Schulklassen war ein Besuch in Jasenovac damals obligatorisch, und vielen Kindern wurde schlecht durch die brutale Ausstellung. Es wurden Skelette, Bilder von Gewaltakten oder brutale Mordwerkzeuge gezeigt. Schon in den 1980er Jahren begann der Diskurs um die Opferzahlen, welche schwierig zu rekonstruieren sind.

Jasenovac nach dem Zerfall Jugoslawiens

Nach der Unabhängigkeitserklärung Kroatiens wurde das Budget für den Unterhalt von Jasenovac von stark gekürzt. Damals entstand eine grosse Diskussion, da man weder die Mordwerkzeuge noch das Alter und Nationalität der Opfer veröffentlichen wollte. Im September 1991 drang die kroatische Armee gewaltsam auf das Gelände ein, das Museum stellte den Betrieb ein und die steinerne Blume wurde durch Artilleriebeschuss beschädigt. stahlen Ausstellungsobjekte. 2001 kamen die Ausstellungsobjekte wieder zurück nach Kroatien. Auch heute noch wird das Jasenovac Memorial von vielen als kommunistisch degradiert und wird sowohl von serbischen als auch kroatischen Rechtsextremen angefeindet. Im Gegensatz zu jugoslawischen Zeiten ist der Besuch von Schulklassen nicht mehr obligatorisch. Das Museum legt den Fokus in der aktuellen Ausstellung anstatt auf die Täter mehr auf die individuellen Opfer. Zudem ist seit 2010 eine online Datenbank mit Namen von ca. 83'000 Opfern. Unter Franjo Tuđman wurde, versucht das Ausmass des Verbrechens zu vermindern und mit den Vergehen der Partisanen und den Tschetniks zu relativieren. Die offiziellen Opferzahlen wurden durch Berichte und Statements auf «nur» noch 20'000 – 50'000 Tote verkleinert Zum Teil wurde sogar behauptet, Jasenovac sei gar kein Vernichtungslager gewesen, sondern «nur» ein Arbeitslager. Es wird explizit erwähnt, dass für die Taten nicht das kroatische Volk verantwortlich gemacht werden kann, sondern die Ustaša, die Besatzungsmächte, brutale Juden und die Kommunisten.* Die Serben werden auf der Opferseite in Kroatien nicht besonders aufgelistet, jedoch in Serbien stellt man sich klar als Hauptopfergruppe dieses Terrors dar. Die kroatische Regierung legt dafür den Fokus auf Bleiburg, und sieht dies als grösstes Verbrechen an dem kroatischen Volk. So versuchten die verschiedenen, neuen Nationalstaaten sich von aller Schuld zu befreien und als Opfer der Geschehnisse darzustellen. Tuđman hatte auch die, bei den Opferangehörigen auf Protest stossende Idee, aus Jasenovac eine nationale Versöhnungsstätte zu errichten, als Erinnerung an alle kroatischen Kriegsopfer. Erst nach Tuđmans Tod und den Wendewahlen 2000, wurde unter Präsident Stjepan Mesić der Umgang mit Jasenovac verändert, es wurde versucht den Ereignissen in Jasenovac gleich viel Aufmerksamkeit wie jenen in Bleiburg zu schenken und die Ustaša Verbrechen wurden erstmals an einer offiziellen Rede vom Präsidenten erwähnt. Die Opferzahlen in Jasenovac wurden wieder ein wenig angehoben, auf ca. 70’000-100'000 Tote. [2]

Jasenovac und Vergangenheitspolitik

Jasenovac ist ein Paradebeispiel für das Veranschaulichen der Vergangenheitspolitik Ex-Jugoslawiens. Es lässt sich aufzeigen, wie unterschiedlich ein Ereignis zu den verschiedenen Zeiten, in den unterschiedlichen Staatsformen und Regionen, unter den von verschiedenen Ideologien geprägten Bevölkerung und Politiker verstanden, gewertet und benutzt wird. [3]

Anmerkungen

[1] http:// www.jasenovac.org

[2] Radonic, Ljiljana: Krieg um die Erinnerung : Kroatische Vergangenheitspolitik zwischen Revisionismus und europäischen Standards. Frankfurt am Main 2010, S. 348-403.

[3] Holm Sundhaussen, Das Konzentrationslager Jasenovac (1941-1945). Konstruktion und Dekonstruktion eines Kriegsverbrechens und Weltkriegsmythos, in: Wolfram Wette / Gerd Überschär (Hrsg.), Kriegsverbrechen im 20. Jahrhundert, Darmstadt 2001, S. 370-381.

Literatur

Bernd Robionek / Nils Müller / Marija Vulesica, Erinnerungskultur in Dalmatien. Vom Partisanenkult zur Repräsentation der Nationalstaatlichkeit, Berlin 2010

Karge, Heike: Steinerne Erinnerung – versteinerte Erinnerung? : Kriegsgedenken in Jugoslawien (1947-1970). In: Balkanologische Veröffentlichungen, 49. Wiesbaden 2010.

Radonic, Ljiljana: Krieg um die Erinnerung : Kroatische Vergangenheitspolitik zwischen Revisionismus und europäischen Standards. Frankfurt am Main 2010.

Kuljić, Todor: Umkämpfte Vergangenheiten: die Kultur der Erinnerung im postjugoslawischen Raum. Berlin 2010.

Gautschi, Peter: Vergessen oder erinnern?.  Zürich 2001

weiterführende Links

Jasenovac [1] (26. Okt. 14)

Jasenovac Memorial Site [2] (26. Okt. 14)