Verteidigung und Schutz
Text: VW
Verteidigung und Schutz (Obrana i zaštita) ist eine kritische Sozialstudie des Regisseurs Bobo Jelčić der auch das Drehbuch verfasste. Der Charakter Slavko (Bogdan Diklić) ist nicht nur getrieben von einer Kontaktaufnahme mit Dragan, sondern ringt auch mit der Frage, ob er an die Beerdigung seines alten muslimischen Freundes Đulaga gehen soll oder nicht. Slavko, selbst katholischer Kroate, wird für einen Tag in seinem Leben mit einer dokumentarisch anmutenden Kamera im heutigen bosnischen Mostar verfolgt.
Nicht nur gesellschaftlich konnotierte Hindernisse stellen sich ihm in den Weg, sondern auch ideologische. Plötzlich muss sich Slavko, der ein Leben lang in der Stadt Mostar lebt, die Frage stellen, zum wem er gehöre und wo seine wahren Loyalitäten sein sollen. Anschaulich visualisiert indem Slavko die Worte Srećkos nachspricht «Slavko you’re more on their side than on ours.» Somit wird dieser Film zu einem typischen Vertreter des «Normalisation cinema» als einen Film der «alltägliche Menschen» in einer post-Kriegsatmosphäre porträtiert wie diese das Leben gestalten, Hindernissen ausweichen oder sich denen stellen. Der Schauspieler Bogdan Diklić unterstreicht dies indem er meint, «the paradigm, the shape of our small lives that are full of irrational fears and balancing acts. These lives are, unfortunately, in our region, very politicized.» [1]
Der Charakter Slavko ist innerlich zerrissen, er steht vor inneren und äusseren «Mauern» die es zu überschreiten gilt. Diese «Mauer» z.B sichtbargemacht durch den Fluss Neretva und die wiedererrichtete Alte Brücke (Stari Most), ist trennendes und verbindendes Element zugleich. Doch durch das Überschreiten der Brücke (most) von Mostar wird «the characters experience catharsis when they come to the funeral service: growing closer and achieving mutual understanding.» [2]
Dem gegenüber steht seine Frau Milena die sich als eigenständige Persönlichkeit nicht von anderen beeinflussen lässt und gesellschaftliche Lügen nicht toleriert. «Milena is, in my opinion, a heroine. Characters like her, who apparently do not require a greater commitment, these roles are harder. They are constant and often it is difficult to cope with the perceived strength that this implies.»[3] Somit wird sie zur «starken» Person die entgegen gesellschaftlichen Hürden versucht Slavko zu unterstützen.
Und immer ist da die Angst oder das Verlangen nach gesellschaftlicher Absicherung der eigenen Handlung. Wer ist dieser Dragan, oder für was steht dieses Zeichen? Überhaupt kommt im Film das Unbeschreibliche vermehrt zum Zuge etwa die zwei «Selbstmorde» Slavkas. Diese können Stellvertretend für die Machtlosigkeit und einer Kapitulation vor der politischen und sozialen Situation gelesen werden. Es ist diese Angst vor dem «Grenzübertritt» die Rastlosigkeit, Unruhe und Überforderung die den Charakter umtreibt. Die Unmöglichkeit der Artikulation, das Auszusprechen was wirklich alle beschäftigt doch niemand findet die geeigneten Worte oder den Mut dazu. Warten... warten auf Dragan?
Filmdaten
Obrana i zaštita Kroatien, Bosnien und Herzegowina, 2013, 87 Min., farbe, 1.85 : 1, 4K Regie: Bobo Jelčić Drehbuch: Bobo Jelčić Kamera: Erol Zubčević Produktion: Spiritus movens
Anmerkungen
- ↑ Bogdan Diklić: A Stranger. Q&A. Presskit, Spiritus Movens Production, 2013.
- ↑ Bobo Jelčić: A Stranger. Director’s Statement long. Presskit, Spiritus Movens Production, 2013.
- ↑ Nada Đurevska: A Stranger. Q&A. Presskit, Spiritus Movens Production, 2013.
Literaturliste (Auswahl)
A Stranger. A Film by Bobo Jelčić, Starring Bogdan Diklić and Nada Đurevska. Presskit: Spiritus Movens Production, 2013.