Der jugoslawische Partisanenfilm: Unterschied zwischen den Versionen

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Es begann eine Phase in der die Filme neben dem heimischen Publikum gezielt auch ausländische Märkte erreichen sollten.<ref>Kosanović, D.: Srbija. In: B. Grbić (Hrsg.): Die siebte Kunst auf dem  
 
Es begann eine Phase in der die Filme neben dem heimischen Publikum gezielt auch ausländische Märkte erreichen sollten.<ref>Kosanović, D.: Srbija. In: B. Grbić (Hrsg.): Die siebte Kunst auf dem  
 
Pulverfass. 1996. Graz. S. 111.</ref> Internationale Koproduktionen wie der österreichisch-jugoslawische Partisanenfilm Die Letzte Brücke (Poslednji Most, 1954) füllten die Kinosäle auch im Ausland.   
 
Pulverfass. 1996. Graz. S. 111.</ref> Internationale Koproduktionen wie der österreichisch-jugoslawische Partisanenfilm Die Letzte Brücke (Poslednji Most, 1954) füllten die Kinosäle auch im Ausland.   
In den 60er Jahren entwickelte sich in Jugoslawien eine Bewegung in der Filmszene, welche «Schwarze Welle» genannt wurde. Der Partisanenkampf blieb weiterhin eine häufige Thematik der Filme, wurde aber nun auch kritischer beleuchtet.  
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In den 60er Jahren entwickelte sich in Jugoslawien eine Bewegung in der Filmszene, welche [[Der Neue jugoslawische Film|«Schwarze Welle»]] genannt wurde. Der Partisanenkampf blieb weiterhin eine häufige Thematik der Filme, wurde aber nun auch kritischer beleuchtet.  
 
Der Film Der Mann aus dem Eichenwald (Čovek iz hrastove šume, 1964) von Miodrag Popović zeigt das Partisanentum und den Zweiten Weltkrieg ohne Pathos.  
 
Der Film Der Mann aus dem Eichenwald (Čovek iz hrastove šume, 1964) von Miodrag Popović zeigt das Partisanentum und den Zweiten Weltkrieg ohne Pathos.  
  

Version vom 27. Oktober 2014, 14:17 Uhr

Evtl. Walter?

Der Partisanenfilm gilt als erfolgreichstes Genre der jugoslawischen Filmgeschichte. Es handelt sich dabei um Kriegsfilme, welche den Befreiungskampf der Partisanen gegen die Besatzer und Kollaborateure darstellen.[1]


Ideologie des Partisanenfilms

Das Thema eignete sich ideal, da der Befreiungskampf und Widerstand gegen die deutschen Belagerer die Grundlage und Legitimation des kommunistischen Regimes unter Tito darstellte. Durch die Glorifizierung der Vergangenheit konnte man auch auf die Gegenwart Einfluss nehmen. So werden die Partisanenfilme zu Trägern der Ideologie.[2] Die «Brüderlichkeit» und «Einheit», welche die Schlagwörter des sozialistischen Jugoslawiens waren, kamen in den Geschichten der Befreiungskämpfer besonders zur Geltung. Das Partisanenthema bot sich aus diesen Gründen für die staatliche jugoslawische Filmindustrie an.


Frühe Partisanenfilme

In vielen Ländern Europas wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges Partisanenfilme produziert. Der erste seiner Art war Slavica von Vjekoslav Afrić (Slavica, 1947). Zeitgleich war es auch der erste Spielfilm im noch jungen Staat Jugoslawien überhaupt.[3] Die frühen Partisanenfilme waren stark an die sowjetischen Kriegsfilme angelehnt. Sie folgten dem Prinzip des Sozialistischen Realismus (Sozrealismus). Diese Stilrichtung war eng mit der Person Stalins verbunden. Nachdem Josip Broz Tito ab 1948 mit dem System und der Idee des Stalinismus brach, verschwanden die Elemente des Sozrealismus nach und nach auch aus den Kinoproduktionen. Es begann eine Phase in der die Filme neben dem heimischen Publikum gezielt auch ausländische Märkte erreichen sollten.[4] Internationale Koproduktionen wie der österreichisch-jugoslawische Partisanenfilm Die Letzte Brücke (Poslednji Most, 1954) füllten die Kinosäle auch im Ausland. In den 60er Jahren entwickelte sich in Jugoslawien eine Bewegung in der Filmszene, welche «Schwarze Welle» genannt wurde. Der Partisanenkampf blieb weiterhin eine häufige Thematik der Filme, wurde aber nun auch kritischer beleuchtet. Der Film Der Mann aus dem Eichenwald (Čovek iz hrastove šume, 1964) von Miodrag Popović zeigt das Partisanentum und den Zweiten Weltkrieg ohne Pathos.


Die «Rote Welle»

«Nichts Negatives über den Präsidenten Tito, die Revolution und die Partisanen, die Jugoslawische Volksarmee, die Selbstverwaltung sowie die Brüderlichkeit und Einigkeit der jugoslawischen Völker. Die Kriegsvergangenheit und die sozialistische Gegenwart sollten verehrt, ihre Heiligkeit durfte nicht in Frage gestellt werden. Der Glaube an die Stärke und Aufrichtigkeit der sozialistischen Jugend sollte ebenfalls gestärkt werden.»[5]

Dies waren die ungeschriebenen Regeln für den Film in Jugoslawien, nach denen die Partisanenfilme in den späten 60er bis 70er Jahren gedreht wurden. Daher wird dieses staatliche Filmprogramm auch als «Rote Welle» bezeichnet.[6] Aufgrund des oft einfachen Handlungsbogens und der stereotypischen Charakterzeichnung werden die Partisanenfilme oft mit Hollywoodproduktionen verglichen. Vor allem bietet sich das Genre des amerikanischen Westerns zum Vergleich an, da es sich ebenfalls um eine stilisierte Darstellung der Vergangenheit handelt. So kann man die Partisanenfilme auch als «Rote Western» bezeichnen.[7] Die Filme waren in ihrer Wirkung auf eine breite Masse ausgelegt und wurden so z.B. zum Standardbesuchsziel für Schulklassen in Jugoslawien.[8] Filme wie Valter brani Sarajevo von Hajrudin Krvavac wurden zu internationalen Kassenschlagern. Die Geschichte über den Partisanen des Untergrunds aus dem Jahr 1972 erfreute sich vor allem in den kommunistischen Ländern grosser Beliebtheit und gilt noch heute als absoluter Kultfilm. Für Bitka na Neretvi aus dem Jahr 1968 konnte Regisseur Veljko Bulajić internationale Topstars gewinnen. Der Film, der auf einer wahren Episode des Zweiten Weltkriegs basiert, wurde 1970 sogar für den Oscar nominiert.


Partisanenfilme nach der «Roten Welle»

In den 80er Jahren rückte das Partisanenthema in der Filmindustrie in den Hintergrund. Mit dem Zerfall der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) zerfiel auch der Partisanenfilm. Die Filme der 90er Jahre behandelten grösstenteils den Sezessionskrieg, griffen allerdings öfters auf die Partisanenfilme zurück. Noch heute gelten die Partisanenfilme als grösster Träger der Jugonostalgie und werden regelmässig in den Kinos gezeigt.[9]



Fussnoten

  1. Iordanova, D. (Ed.), 2006. The cinema of the Balkans. Wallflower, London; New York. S. 109.
  2. Levi, P., 2007. Disintegration in frames: aesthetics and ideology in the Yugoslav and post-Yugoslav cinema. Stanford University Press, Stanford, Calif. S. 64.
  3. Simeunović, T. Gehütete Streifen. Die Schwarze Welle im serbischen Spielfilm (1962–1972). in: südslavistik-online. Nr. 2. (Mai 2010). hg. von J. Raecke und B. Golubović. http://www.suedslavistik-online.de/02/02.pdf (22.10.2014).
  4. Kosanović, D.: Srbija. In: B. Grbić (Hrsg.): Die siebte Kunst auf dem Pulverfass. 1996. Graz. S. 111.
  5. Simeunović, 2010. S. 130.
  6. Vidan, A., 2011. Spaces of ideology in South Slavic films. In: Studies in East European Cinema, Vol. 2, Nr.2. S.173- 192.
  7. Iordanova, 2006. S. 111.
  8. Ebd.
  9. Chushak, Nadiya. Yugonostalgic against All Odds: Nostalgia for Socialist Federal Republic of Yugoslavia among Young Leftist Activists in Contemporary Serbia. School of Social and Political Science, The University of Melbourne, August 2013. https://minerva-access.unimelb.edu.au/bitstream/handle/11343/38288/301593_CHUSHAK%20file%20properties.pdf. (25.10.2014)