Der Neue jugoslawische Film: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Rani_radovi.jpg|350px|right|thumb|''Frühe Werke («Rani radovi», 1969)'', Želimir Žilnik]]Die 1963 in Kraft tretende dritte Verfassung des [[SRFJ]] ermöglichte durch Dezentralisierung und Liberalisierung eine grössere Vielfalt der Filmproduktion. Weitere Grundpfeiler für die moderne jugoslawische Kinematografie bilden sowohl die jugoslawische Kinemathek als auch die Entstehung und Verbreitung der Kinoklubs, welche besonders prägend waren. Einerseits konnten sich hier junge Künstler entfalten und verwirklichen, andererseits wurden in den Klubs auch die Filme aufgeführt. Das Ende dieser neuen Ära ist Anfang der 70er Jahre zu verzeichnen, die Filme werden als zu antioptimistisch abgetan und verboten.
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[[Datei:Rani_radovi.jpg|350px|right|thumb|''Frühe Werke («Rani radovi», 1969)'', Želimir Žilnik]]Die 1963 in Kraft tretende dritte Verfassung des [[SRFJ]] ermöglichte durch Dezentralisierung und Liberalisierung eine grössere Vielfalt der Filmproduktion. Weitere Grundpfeiler für die moderne jugoslawische Kinematografie bilden sowohl die jugoslawische Kinemathek als auch die Entstehung und Verbreitung der Kinoklubs, welche besonders prägend waren. Einerseits konnten sich junge Künstler in den Klubs entfalten und verwirklichen, andererseits wurden da auch die Filme aufgeführt. Das Ende dieser neuen Ära ist Anfang der 70er Jahre zu verzeichnen, die Filme werden als zu provokativ abgetan und verboten.
  
Im Gegensatz zu den Partisanenfilmen behandeln die Filme dieser Zeit unter anderem die Kriege der Nationalitäten untereinander, der Kommunisten und Nichtkommunisten, der Četniks und der Ustaša, der mit den deutschen Truppen verbundenen faschistischen Kroaten und den slowenischen Soldaten. Somit wurde statt auf heroische Befreiungskriege auf nationale Tragödien fokussiert. Der Neue Film spricht die aus der Wirtschaftsform resultierenden sozialen Probleme auf verschiedene Weisen an. Während der kritische Charakter und die Meinungsvielfalt der Werke international auf Begeisterung stiess, hatten sie im [[SRFJ]] vorerst wenig Resonanz.  
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Im Gegensatz zu den Partisanenfilmen behandeln die Filme dieser Zeit unter anderem die Kriege der Nationalitäten untereinander, der Kommunisten und Nichtkommunisten, der Četniks und der Ustaša, der mit den deutschen Truppen verbundenen faschistischen Kroaten und den slowenischen Soldaten. Somit wurde statt auf heroische Befreiungskriege auf nationale Tragödien fokussiert. Der Neue Film spricht die aus der Wirtschaftsform resultierenden sozialen Probleme auf verschiedene Weisen an. Während der kritische Charakter der Werke international auf Begeisterung stiess, hatten sie im [[SRFJ]] vorerst wenig Resonanz.  
  
Die Bewegung des Neuen Jugoslawischen Films lässt sich bezüglich der Regisseure in zwei Teile spalten. Die erste Generation der Regisseure wuchs mit dem Krieg auf und begann Anfang der 50er Jahre an der Theater-, Film-, Radio- und Fernsehakademie Belgrad Regie zu studieren. Die Filme der ersten Generation wurden in den 50er Jahren realisiert, gewannen jedoch erst in den 60er Jahren an Bedeutung. In den frühen 60er Jahren unterrichtete die erste die zweite Generation der Regisseure, die protestierenden Studenten. Die Filme der zweiten Generation waren um einiges provozierender und direkter.
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Die Bewegung des Neuen Jugoslawischen Films lässt sich bezüglich der Regisseure in zwei Teile spalten. Die erste Generation der Regisseure wuchs mit dem Krieg auf und begann Anfang der 50er Jahre an der Theater-, Film-, Radio- und Fernsehakademie Belgrad Regie zu studieren. Die Filme der ersten Generation wurden in den 50er Jahren realisiert, gewannen jedoch erst in den 60er Jahren an Bedeutung. In den frühen 60er Jahren unterrichtete die erste die zweite Generation der Regisseure, die protestierenden Studenten. Die Filme der zweiten Generation waren um einiges provozierender und direkter. Namhafte Regisseure dieser Zeit sind [[Želimir Žilnik]], Živojin Pavlović, Aleksandar Petrović, Dušan Makajev und Jovan Jovanović.
  
 
1969 werden Filme dieser  Bewegung am Filmfestival in Pula als ''Schwarze Welle («crni talas»)'' betitelt. Der Antioptimismus und die sarkastische Ironie stossen beim Regime auf Unmut und ziehen eine Zensur nach sich. Die Regisseure wurden gebeten, das Drehbuch nochmals zu überarbeiten oder den Beruf zu wechseln, viele Filme wurden schliesslich «verbotlos verboten» («zabranjeni bez zabrane»). Dusan Makajev musste seine Arbeit ins Ausland verlegen, Lazar Stojanović wurde für seinen Film «Der Jesus aus Platik» (plastični isus, 1971) gar zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.
 
1969 werden Filme dieser  Bewegung am Filmfestival in Pula als ''Schwarze Welle («crni talas»)'' betitelt. Der Antioptimismus und die sarkastische Ironie stossen beim Regime auf Unmut und ziehen eine Zensur nach sich. Die Regisseure wurden gebeten, das Drehbuch nochmals zu überarbeiten oder den Beruf zu wechseln, viele Filme wurden schliesslich «verbotlos verboten» («zabranjeni bez zabrane»). Dusan Makajev musste seine Arbeit ins Ausland verlegen, Lazar Stojanović wurde für seinen Film «Der Jesus aus Platik» (plastični isus, 1971) gar zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.
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Es wird Kritik an der Bürokratie und der Korruption ausgeübt, die Mängel des Sozialstaates wie Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit werden aufgezeigt. Desweiteren werden auch Sexualität, Narkomanie und Kriminalität enttabuisiert.  
 
Es wird Kritik an der Bürokratie und der Korruption ausgeübt, die Mängel des Sozialstaates wie Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit werden aufgezeigt. Desweiteren werden auch Sexualität, Narkomanie und Kriminalität enttabuisiert.  
  
Die Studentenproteste in der Philosophischen Fakultät in Belgrad richteten sich vor allem gegen den Antibürokratismus, die Studenten forderten die Umsetzung der Verfassung des BdKJ in die Praxis. Zuerst räumte Tito in einer Fernsehansprache die Versäumnisse ein, nannte aber keine drei Wochen später die Proteste staatsfeindlich und sah in den Professoren die Protagonisten. Die Antwort auf neue Proteste war Unterdrückung: zuerst traf es die studentischen Organisationen, dann deren Publikationen. Auf die zunehmende Radikalisierung der Aufstände, Solidarisierung mit streikenden Arbeitern, wurde mit Verhaftungen und Prozessen reagiert.
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Die Studentenproteste in der Philosophischen Fakultät in Belgrad richteten sich vor allem gegen den Antibürokratismus, die Studenten forderten die Umsetzung der Verfassung des [[BdKJ]] in die Praxis. Zuerst räumte Tito in einer Fernsehansprache die Versäumnisse ein, nannte aber keine drei Wochen später die Proteste staatsfeindlich und sah in den Professoren die Anführer Protagonisten der Proteste. Die Antwort auf neue Proteste war Unterdrückung: zuerst traf es die studentischen Organisationen, dann deren Publikationen. Auf die zunehmende Radikalisierung der Aufstände, Solidarisierung mit streikenden Arbeitern, wurde mit Verhaftungen und Prozessen reagiert.
Namhafte Regisseure dieser Zeit sind [[Želimir Žilnik]], Živojin Pavlović, Aleksandar Petrović, Dušan Makajev und Jovan Jovanović.
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Version vom 6. November 2014, 16:26 Uhr

Ursprünge

Der Neue Jugoslawische Film lehnt sich am Poetischen Realismus Frankreichs und dem italienischen Neorealismus an. Die französischen Filme der 1930er Jahren fokussieren vor allem auf Konflikte zwischen dem Individuum und der Gesellschaft. Der Poetische Realismus ist die Grundlage des später in Italien aufkommenden Neorealismus (1943-1954), welcher während der Zeit des Faschismus entstand und zum Ziel hatte, die Wahrheit zu zeigen.

Charakteristisch für diese Filme sind die Erzählzeit und der Drehort, gedreht wurde immer an Originalschauplätzen und ohne speziell für diesen Zweck hergestellte Kostüme. Ausser dem spielten sich die Geschichten immer in der Gegenwart ab und handelten von Existenziellem wie Armut oder Ungerechtigkeit.[1]


Der Neue Film

[2],[3],[4],[5],[6]

Frühe Werke («Rani radovi», 1969), Želimir Žilnik

Die 1963 in Kraft tretende dritte Verfassung des SRFJ ermöglichte durch Dezentralisierung und Liberalisierung eine grössere Vielfalt der Filmproduktion. Weitere Grundpfeiler für die moderne jugoslawische Kinematografie bilden sowohl die jugoslawische Kinemathek als auch die Entstehung und Verbreitung der Kinoklubs, welche besonders prägend waren. Einerseits konnten sich junge Künstler in den Klubs entfalten und verwirklichen, andererseits wurden da auch die Filme aufgeführt. Das Ende dieser neuen Ära ist Anfang der 70er Jahre zu verzeichnen, die Filme werden als zu provokativ abgetan und verboten.

Im Gegensatz zu den Partisanenfilmen behandeln die Filme dieser Zeit unter anderem die Kriege der Nationalitäten untereinander, der Kommunisten und Nichtkommunisten, der Četniks und der Ustaša, der mit den deutschen Truppen verbundenen faschistischen Kroaten und den slowenischen Soldaten. Somit wurde statt auf heroische Befreiungskriege auf nationale Tragödien fokussiert. Der Neue Film spricht die aus der Wirtschaftsform resultierenden sozialen Probleme auf verschiedene Weisen an. Während der kritische Charakter der Werke international auf Begeisterung stiess, hatten sie im SRFJ vorerst wenig Resonanz.

Die Bewegung des Neuen Jugoslawischen Films lässt sich bezüglich der Regisseure in zwei Teile spalten. Die erste Generation der Regisseure wuchs mit dem Krieg auf und begann Anfang der 50er Jahre an der Theater-, Film-, Radio- und Fernsehakademie Belgrad Regie zu studieren. Die Filme der ersten Generation wurden in den 50er Jahren realisiert, gewannen jedoch erst in den 60er Jahren an Bedeutung. In den frühen 60er Jahren unterrichtete die erste die zweite Generation der Regisseure, die protestierenden Studenten. Die Filme der zweiten Generation waren um einiges provozierender und direkter. Namhafte Regisseure dieser Zeit sind Želimir Žilnik, Živojin Pavlović, Aleksandar Petrović, Dušan Makajev und Jovan Jovanović.

1969 werden Filme dieser Bewegung am Filmfestival in Pula als Schwarze Welle («crni talas») betitelt. Der Antioptimismus und die sarkastische Ironie stossen beim Regime auf Unmut und ziehen eine Zensur nach sich. Die Regisseure wurden gebeten, das Drehbuch nochmals zu überarbeiten oder den Beruf zu wechseln, viele Filme wurden schliesslich «verbotlos verboten» («zabranjeni bez zabrane»). Dusan Makajev musste seine Arbeit ins Ausland verlegen, Lazar Stojanović wurde für seinen Film «Der Jesus aus Platik» (plastični isus, 1971) gar zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

Es wird Kritik an der Bürokratie und der Korruption ausgeübt, die Mängel des Sozialstaates wie Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit werden aufgezeigt. Desweiteren werden auch Sexualität, Narkomanie und Kriminalität enttabuisiert.

Die Studentenproteste in der Philosophischen Fakultät in Belgrad richteten sich vor allem gegen den Antibürokratismus, die Studenten forderten die Umsetzung der Verfassung des BdKJ in die Praxis. Zuerst räumte Tito in einer Fernsehansprache die Versäumnisse ein, nannte aber keine drei Wochen später die Proteste staatsfeindlich und sah in den Professoren die Anführer Protagonisten der Proteste. Die Antwort auf neue Proteste war Unterdrückung: zuerst traf es die studentischen Organisationen, dann deren Publikationen. Auf die zunehmende Radikalisierung der Aufstände, Solidarisierung mit streikenden Arbeitern, wurde mit Verhaftungen und Prozessen reagiert.


Fussnoten

  1. http://de.wikipedia.org/wiki/Italienischer_Neorealismus (12.10.14); http://de.wikipedia.org/wiki/Nouvelle_Vague (12.10.14); Greg DeCuir. Yugoslav Black Wave, Polemical Cinema from 1963-72 in the Socialist Federel Republic of Yugoslavia
  2. http://www.filmske-radosti.com/%C4%8Clanci/Crni-talas (12.10.2014)
  3. http://www.kulturation.de/ki_1_thema.php?id=104 (26.10.2014)
  4. Simeunović, T. Gehütete Streifen. Die Schwarze Welle im serbischen Spielfilm (1962–1972). in: südslavistik-online. Nr. 2. (Mai 2010). hg. von J. Raecke und B. Golubović. http://www.suedslavistik-online.de/02/simeunovic.pdf (26.10.2014)
  5. http://www.taz.de/!25012/ (26.10.2014)
  6. http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=5521 (26.10.2014)