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Version vom 21. Oktober 2014, 17:18 Uhr von Julia (Diskussion | Beiträge) (Kulturelles Gedächtnis)
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Kollektives Gedächtnis

Das kollektive Gedächtnis ist ein stabiles, langzeitiges Gedächtnis einer Gruppe oder Körperschaft welches anhand symbolischer Zeichen oder Praktiken konstruiert wird und über mehrere Generationen hinweg bestehen bleibt.

Der Begriff wurde durch den französischen Soziologen und Philosophen Maurice Halbwachs 1939 in seinem Werk «La mémoire collective» eingeführt. Körperschaften kreieren ein kollektives Gedächtnis und füllen es mit Erinnerungen an für sie bedeutende Ereignisse. Gruppen, Nationen oder Religionen, etc. schaffen sich dadurch eine Identität, sowie ein Gedächtnis um sich so zu legitimieren.[1] Die Konstruktion geschieht durch memoriale Zeichen, Symbole, Riten oder Orte, die mit Bedeutung aufgeladen werden. Laut Halbwachs wird die Vergangenheit dementsprechend rekonstruiert, dass sie ein Gefühl der Zusammengehörigkeit vermittelt, d.h., es werden Ereignissen erinnert, welche ein solches Gefühl stärken.[2] Das Gedächtnis bildet die Basis, auf der sich die Individuen dieser Körperschaft bewegen und von welcher aus sie handeln. Das kollektive Gedächtnis kann, im Gegensatz zum individuellen Gedächtnis, jederzeit abgerufen werden. Der Inhalt bleibt so lange bestehen, bis er durch etwas Neues ersetzt wird.

Das kollektive Gedächtnis ist perspektivisch organisiert und durch eine selektive Auswahl wird bestimmt, was erinnert, beziehungsweise vergessen wird. An positive Ereignisse, Siege oder an Erfolg, wird einfacher erinnert, als an negative Geschehnisse oder Niederlagen.[3] So beispielsweise wird gerne an die Befreiung Serbiens durch die Partisanen am 20. Oktober 1944 erinnert, während das durch die Ustaša verübte Unheil in Jasenovac von der kroatischen Führung lieber verschwiegen wurde. Das die Diskussionen über die Schuldzuweisung und Opferzahlen heute immer noch erst schleppend funktionieren, rührt daher, dass nur selten Momente des Schams oder der Schuld ins Gedächtnis einer Körperschaft integriert werden, da dies nicht zu einem positiven Selbstbild führt.Werden solche Ereignisse jedoch integriert, geschieht dies beispielsweise durch Mahnmäler. So steht heute auf dem Gebiet des ehemaligen KZ Jasenovac die Gedenkstätte der steinerden Blume von Bogdan Bogdanović um den Opfern zu gedenken.

Die deutschen Ägyptologen und Kulturwissenschaftler Jan Assmann und seine Frau Aleida vertiefen den Begriff des kollektiven Gedächtnisses und unterscheiden weiter kulturelles und kommunikatives Gedächtnis.

Kulturelles Gedächtnis

Das kulturelle Gedächtnis beinhaltet identitätsstiftende Wissensbestände für ein Kollektiv. Im Gegensatz zum kommunikativen Gedächtnis ist es alltagsfern, da es Fixpunkte hat welche auf schicksalhafte Ereignisse in der Vergangenheit basieren. Die Erinnerung an diese Fixpunkte wird bis heute durch Riten, Texte, Denkmäler oder durch andere Praktiken betrieben. Weil das kulturelle Gedächtnis durch Geschehnisse der Vergangenheit verwurzelt und durch diese geprägt wurde, weist es den Weg für die Zukunft. Es besteht seit langer Zeit und verlangt für die Zukunft ein verbindliches und unveränderliches Muster. Es wird zusammengeführt durch Schriften, Bilder, anhand von Riten oder Topographien. Das Gedächtnis ist nicht wahrheitsorientiert, da es lediglich nach Fakten in der Vergangenheit sucht, welche eine stabilisierende Wirkung auf die Identitätsbildung einer Gruppe haben. Die Mitglieder dieser Gruppe können diese Fakten nicht objektiv beurteilen, da sie emotional an diese Ereignisse gebunden sind.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.

Anmerkungen

  1. Halbwachs, Maurice: Das kollektive Gedächtnis. Frankfurt am Main 1991.
  2. Halbwachs, Maurice: Das kollektive Gedächtnis. Frankfurt am Main 1991.
  3. Pethes, Nicolas und Ruchatz, Jens (Hrsg.): Gedächtnis und Erinnerung. Ein interdisziplinäres Lexikon. Reinbek bei Hamburg 2001. S.329-332.