Altar der Heimat: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Da während der kroatischen Unabhängigkeitsbestrebungen zunehmend auch auf faschistische Motivik des [[«Unabhängigen Staates Kroatien»]] (USK, Nezavisna Država Hrvatska, NDH) zurückgegriffen wurde, sahen viele Gegner des Altars der Heimat eine Bagatellisierung des Faschismus | + | Da während der kroatischen Unabhängigkeitsbestrebungen zunehmend auch auf faschistische Motivik des [[Unabhängiger Staat Kroatien|«Unabhängigen Staates Kroatien»]] (USK, Nezavisna Država Hrvatska, NDH) zurückgegriffen wurde, beispielsweise durch die Wiedereinführung des Schachbrett-Wappens in umgekehrter farblicher Abfolge, sahen viele Gegner des Altars der Heimat darin eine Bagatellisierung des Faschismus. Ein weiteres Problem stellte die Errichtung des Altars auf Medvedgrad dar: Denkmalschützer werteten dies als Instrumentalisierung eines historischen Denkmals. Andere kritisierten die Tatsache, dass unter den gefallenen Kämpfern, derer gedacht werden sollte, auch Atheisten und Indifferente waren – der «Oltar domovine» sei in diesem Sinne eine Instrumentalisierung von Religion und Nation. Auch die katholische Kirche sah dem Bauprojekt mit gemischten Gefühlen entgegen. Obwohl ihre Exponenten in vielen Punkten hinter dem jungen Staat standen, empfanden sie den Begriff «Altar» als blasphemisch und unpassend.<ref>Ibid., S. 434.</ref> Angehörige von Soldaten und Opfern des Krieges richteten vor dem Zagreber UN-Hauptquartier eine Klagemauer ein, um unter Anderem gegen den Altar der Heimat zu protestieren. Sie sahen in ihm vor allem eine Vermarktung der Opfer. |
− | + | Ihre Kritik verklang weitgehend ungehört. Auch die Idee, das Denkmal auf den Zagreber Hauptfriedhof [[Mirogoj]] zu verlegen, wurde nicht realisiert.<ref>Steindorff, Ludwig: Schichten der Erinnerung. Zur Klassifizierung von Gedächtnisorten in Kroatien. In: Jaworski, Rudolf, Kusber, Jan (Hg.): Gedächtnisorte in Osteuropa. Vergangenheiten auf dem Prüfstand. Frankfurt am Main 2003, S. 157-182, hier: S. 178ff. Sowie Grünfelder/Lalić, der kroatische „Altar des Vaterlandes“ in Medvedgrad, S. 436.</ref> | |
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− | Nach dem Tod von Franjo Tuđman 1999 wurde auch die Nutzung des Altars der Heimat eingestellt. Die neue sozialdemokratische Regierung, welche 2000 auf Tuđman folgte, versuchte, sich von der nationalistischen Politik der 90er Jahre zu distanzieren. 2001 | + | Nach dem Tod von Franjo Tuđman 1999 wurde auch die Nutzung des Altars der Heimat eingestellt.Gedenkfeiern finden seither nicht mehr in Medvedgrad, sondern, wie bereits vor der Erbauung des Altars der Heimat, in Mirogoj statt. Die neue sozialdemokratische Regierung, welche 2000 auf Tuđman folgte, versuchte, sich von der nationalistischen Politik der 90er Jahre zu distanzieren. 2001 wurde beschlossen, die «Bausünde» als architektonischen Zeitzeugen und Symbol der schwierigen Anfänge des jungen Staates stehen zu lassen. In den folgenden fünf Jahren überliess man das Denkmal jedoch dem Zerfall, es wurde teilweise mutwillig beschädigt. 2006 erfolgte die Renovierung des Altars durch das [[Museum|Museum der Stadt Zagreb]] als Bestandteil des Erholungs- und Nationalparks Medvednica. Inzwischen scheint der «Oltar domovine» bei der Bevölkerung weitgehend auf Ablehnung zu stossen, auch Personen, welche an der Entstehung beteiligt waren, distanzieren sich von ihrem Projekt.<ref>Grünfelder/Lalić, der kroatische „Altar des Vaterlandes“ in Medvedgrad, S. 436.</ref> |
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Aktuelle Version vom 15. Dezember 2014, 22:43 Uhr
Text: NM
1992 liess Präsident Tuđman bei der Burgruine Medvedgrad einen Altar der Heimat (Oltar domovine) bauen. Es sollte als Denkmal für alle im Kroatienkrieg Gefallenen sowie als Repräsentationsbau für Staatsbesuche und Staatsfeiern dienen.[1]
Das Denkmal
Der Altar besteht aus Steinquadern, welche wie das kroatische Schachbrett-Wappen (šahovnica) angeordnet sind. Auf ihnen befinden sich Verse der kroatischen Nationalhymne, ein Kreuz sowie Motive aus der Zeit des Fürsten Branimir (ein Brief des Papstes im Jahre 879 an Branimir wird als erste internationale Anerkennung der kroatischen Souveränität gewertet)[2]. Die Steine wurde aus allen kroatischen Gespanschaften (županije) geholt.
Auch eine ewige Flamme ist Teil des Denkmals. Sie soll an all jene, die seit dem Mittelalter für die Freiheit des kroatischen Staates gekämpft haben, erinnern. Umstehende Stellen sind mit Flechtbandornamenten verziert – diese kennt man vor allem aus Dalmatien in vorromanischer Zeit und werden deshalb als «altkroatische Kunst»[3] bezeichnet. Tropfenförmige Glasperlen in rot, weiss und blau stellen die «Tränen Kroatiens»[3] dar, als Erinnerung an das Leid und die Opfer der kroatischen Bevölkerung während des Kroatienkriegs anfangs der 1990er Jahre. Als Vorbild für seine Nutzung und symbolische Bedeutung diente das Altare nazionale (Vittoriano) in Rom, welches 1906 im Zuge der Nationalbewegungen entstand und unter Mussolini für die faschistische Ideologie instrumentalisiert wurde.
Eingeweiht wurde der Altar der Heimat am 30. Mai 1994 (der damalige kroatische Nationalfeiertag). Obwohl er auch für Staatsbesuche genutzt werden sollte, besuchte lediglich ein einziger ausländischer Politiker aus Bosnien-Herzegowina das Denkmal.
Kritik
Da während der kroatischen Unabhängigkeitsbestrebungen zunehmend auch auf faschistische Motivik des «Unabhängigen Staates Kroatien» (USK, Nezavisna Država Hrvatska, NDH) zurückgegriffen wurde, beispielsweise durch die Wiedereinführung des Schachbrett-Wappens in umgekehrter farblicher Abfolge, sahen viele Gegner des Altars der Heimat darin eine Bagatellisierung des Faschismus. Ein weiteres Problem stellte die Errichtung des Altars auf Medvedgrad dar: Denkmalschützer werteten dies als Instrumentalisierung eines historischen Denkmals. Andere kritisierten die Tatsache, dass unter den gefallenen Kämpfern, derer gedacht werden sollte, auch Atheisten und Indifferente waren – der «Oltar domovine» sei in diesem Sinne eine Instrumentalisierung von Religion und Nation. Auch die katholische Kirche sah dem Bauprojekt mit gemischten Gefühlen entgegen. Obwohl ihre Exponenten in vielen Punkten hinter dem jungen Staat standen, empfanden sie den Begriff «Altar» als blasphemisch und unpassend.[4] Angehörige von Soldaten und Opfern des Krieges richteten vor dem Zagreber UN-Hauptquartier eine Klagemauer ein, um unter Anderem gegen den Altar der Heimat zu protestieren. Sie sahen in ihm vor allem eine Vermarktung der Opfer. Ihre Kritik verklang weitgehend ungehört. Auch die Idee, das Denkmal auf den Zagreber Hauptfriedhof Mirogoj zu verlegen, wurde nicht realisiert.[5]
Nach dem Tod von Franjo Tuđman 1999 wurde auch die Nutzung des Altars der Heimat eingestellt.Gedenkfeiern finden seither nicht mehr in Medvedgrad, sondern, wie bereits vor der Erbauung des Altars der Heimat, in Mirogoj statt. Die neue sozialdemokratische Regierung, welche 2000 auf Tuđman folgte, versuchte, sich von der nationalistischen Politik der 90er Jahre zu distanzieren. 2001 wurde beschlossen, die «Bausünde» als architektonischen Zeitzeugen und Symbol der schwierigen Anfänge des jungen Staates stehen zu lassen. In den folgenden fünf Jahren überliess man das Denkmal jedoch dem Zerfall, es wurde teilweise mutwillig beschädigt. 2006 erfolgte die Renovierung des Altars durch das Museum der Stadt Zagreb als Bestandteil des Erholungs- und Nationalparks Medvednica. Inzwischen scheint der «Oltar domovine» bei der Bevölkerung weitgehend auf Ablehnung zu stossen, auch Personen, welche an der Entstehung beteiligt waren, distanzieren sich von ihrem Projekt.[6]
Anmerkungen
- ↑ Grünfelder, Anna Maria/Lalić, Daniel: Der kroatische „Altar des Vaterlandes“ in Medvedgrad. In: Bahlcke, Joachim/Rohdewald, Stefan/Wünsch, Thomas (Hg.): Religiöse Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa. Konstitution und Konkurrenz im nationen- und epochenübergreifenden Zugriff. Berlin 2013, S. 430-438.
- ↑ Stallaerts, Robert: Historical Dictionary of the Republic of Croatia. Lanham, Maryland, Oxford 2003, S. 29.
- ↑ 3,0 3,1 Grünfelder/Lalić, der kroatische „Altar des Vaterlandes“ in Medvedgrad, S. 435.
- ↑ Ibid., S. 434.
- ↑ Steindorff, Ludwig: Schichten der Erinnerung. Zur Klassifizierung von Gedächtnisorten in Kroatien. In: Jaworski, Rudolf, Kusber, Jan (Hg.): Gedächtnisorte in Osteuropa. Vergangenheiten auf dem Prüfstand. Frankfurt am Main 2003, S. 157-182, hier: S. 178ff. Sowie Grünfelder/Lalić, der kroatische „Altar des Vaterlandes“ in Medvedgrad, S. 436.
- ↑ Grünfelder/Lalić, der kroatische „Altar des Vaterlandes“ in Medvedgrad, S. 436.